Wenn das Leben dich zwingt, innezuhalten: Die Kunst, den Moment zu umarmen

Manchmal wirft uns das Leben völlig unerwartet aus der Bahn. Pläne werden über den Haufen geworfen, Routinen zerbrechen, und plötzlich finden wir uns in einer Situation wieder, die alles auf den Kopf stellt. Genau das ist mir vor etwas mehr als zwei Monaten passiert.

Mit nur 36 Jahren habe ich mir einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen – etwas, das man eher bei Menschen jenseits der 70 erwartet. Nach einer unglaublich stressigen Woche gab meine Hüfte einfach auf. Ich bin es zwar gewohnt, dass mir seit meinem 30. Geburtstag mal hier und da etwas bricht, und dachte mir zunächst: "Ach, wieder so ein Bruch, in vier Wochen bin ich wieder fit!" Doch aus vier Wochen wurden über zwei Monate, gefesselt ans Bett. Und ich kann euch sagen: So ein Bruch, der dich zum Stillstand zwingt, verändert deine Perspektive auf das Leben komplett.

Meine Kollegin brachte es diese Woche auf den Punkt: „Wenn du gesund bist, hast du tausend Probleme, wenn du krank bist, nur eines.“

Dieser Satz hallt in mir wider. Als ich vor drei Monaten nach langer Suche endlich eine Zusage für eine Wohnung in Deutschland hatte, zurück in meinem neuen Job, saß ich abends in meiner Zwischenmiete und fragte mich: "Und nun? Was mache ich mit meinem Leben? Bin ich hier wirklich zufrieden?" Rückblickend wünschte ich mir diesen Moment zurück! Ich hatte alle Möglichkeiten: Schnell Freunde besuchen, rausgehen, Laufen, meine Familie sehen, aktiv sein oder einfach "kurz" duschen. All das ist jetzt mit enorm viel Energie, Planung und Aufwand verbunden – wenn es überhaupt möglich ist. Nächste Woche versuche ich zum ersten Mal seit über zwei Monaten, wieder Zug zu fahren, und ich habe jetzt schon Angst vor dem vollen Bahnhof. Was, wenn mich jemand anrempelt? Wenn ich falle und der Bruch schlimmer wird?

Aber warum erzähle ich euch das alles? Dieser Bruch, so sehr ich mir auch wünschte, er wäre nie passiert, holt mich jeden Tag aufs Neue in den Moment zurück. Wir alle planen Urlaube, Erlebnisse, Dinge, die wir tun müssen oder können, um den Alltag zu überstehen. Wir retten uns von einem Highlight zum nächsten: die Reise, der Geburtstag, das Festival. Aber sollten wir nicht vielmehr jeden Tag den Moment genießen?

Ich sage nicht, dass es einfach ist. Je älter wir werden, desto mehr Verpflichtungen haben wir: Kinder abholen, einkaufen, Eltern pflegen, der Job, Rechnungen begleichen…

Wie können wir uns also jeden Tag einen Moment schaffen, der uns innehalten und den Augenblick genießen lässt?

Vor meinem Bruch wachte ich oft auf und meine ersten Gedanken waren: „Heute muss ich das und das erledigen. Habe ich nach der Arbeit überhaupt noch Energie für Yoga, Freunde treffen etc.?“

Jetzt wache ich auf und meine ersten Gedanken sind: „Wow, ich habe ohne große Schmerzen geschlafen! Ich freue mich gleich auf eine Morgenrunde mit Krücken, bevor ich zur Arbeit darf.“ Ja, Freundinnen, sogar auf die Arbeit freue ich mich, weil ich mir jeden Tag so positiv wie möglich gestalte und mich immer auf meine lieben Kollegen freue, wenn auch virtuell.

Was hat mir geholfen, in den Moment zu kommen? Ein schlimmer Bruch? Geht aufs Ganze! Kleiner Spaß. Es ist eher die Entscheidung, mich jeden Tag über kleine Dinge zu freuen und mich nicht von meinem Umfeld, Social Media oder der Konsumwelt, die uns mit immer mehr Werbung und Medien umgibt, vereinnahmen zu lassen.

  • Ein Spaziergang im Park ist gratis.

  • Ein gesunder Körper ist mehr wert als ein schöner, aber kranker.

  • Liebe und positive Menschen sind mehr wert als viel Geld, ein teures Auto oder jeden Tag um die Welt zu jetten, um den nächsten Trends hinterherzujagen und zu konsumieren.

So verrückt es auch klingt, macht mal wieder eure Playlist von früher an, geht 10 Minuten spazieren, bevor die Arbeit oder die Kinder loslegen, oder einfach mal zwischendurch. Und wenn euch jemand entgegenkommt: Lächelt.

Wir haben nicht nur ein Leben. Wir haben jeden Tag, wenn wir aufwachen, einen neuen Tag.

Quintessenz: Das Leben mag uns manchmal unerwartete Steine in den Weg legen. Doch gerade in solchen Momenten liegt die Chance, unsere Perspektive zu ändern und die kostbaren kleinen Freuden des Alltags wertzuschätzen. Jeder neue Tag ist eine neue Chance, bewusst zu leben und das Hier und Jetzt zu umarmen.

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